Flash Fiction Stories / Swiss Federal Railway
Kursthemen
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SWISS FEDERAL RAILWAYS: Ziel des Projekts war es, den zukünftigen Mobilitätsbedarf der arbeitenden Bevölkerung zu ermitteln.
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Das Projekt wurde von der Forschungsstiftung der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) als Studie über die Zukunft der Mobilität im Verkehrssektor finanziert. Das Projekt umfasste vier öffentliche Kreativ-Workshops zum Schreiben von Flash Fiction, an denen 84 am Thema interessierte Bürger teilnahmen. Die Teilnehmer wurden gebeten, drei Flash-Fiction-Geschichten zu schreiben, welche im Jahr 2057 spielen und sich dabei den Transport der zukünftigen arbeitenden Bevölkerung vorzustellen, sowohl für die Arbeit als auch für die Freizeit. Der gewählte methodische Ansatz Flash-Fiction-Geschichten für die Datenerhebung zu verwenden, greift die Aufforderung von Sparkes und Smith (2008) auf, anderweitige Methoden der narrativen Untersuchung und sonstiger Formen der Erfindung von Geschichten und der Datenerhebung zu entwickeln, als die der üblichen Interviews (Wolf et al., 2018). Die Anwendung der Flash-Fiction-Methode ermöglichte in diesem Fall den Unternehmen den Zugang zu 235 verschiedenen Geschichten aus der fernen Zukunft, welche sich die Kunden vorgestellt hatten. Um Szenarien zu extrahieren, wurde eine qualitative Inhaltsanalyse durchgeführt bei der die Transkripte der Geschichten zunächst offen kodiert, anschließend die Bedeutungen dieser First-Level-Codes ausgehandelt und zuletzt Mustercodes erstellt wurden (Miles et al., 2014). Die Codes des ersten Zyklus ermöglichten es, die Geschichten auf Ebene der Mustercodes in vier unterschiedliche Szenarien, wie z. B. ""Art der Arbeit"", zu gruppieren. Diese Geschichten reichen von eutopisch (positiv) über dystopisch (negativ) bis hin zu utopisch (gerechte Gesellschaft).
Eutopische Szenarien:
1. Selbstbestimmtes Arbeiten: Menschen arbeiten selbstorganisiert an kreativen Aufträgen, während Roboter Routineaufgaben übernehmen. Menschen leben an ihren Lieblingsorten und reisen fast ausschließlich zu sozialen Zwecken (z. B. um Freunde zu treffen); die meisten Arbeitstreffen finden in einer virtuellen Umgebung statt.
2. Mobiles Leben: Mobilität bestimmt den Lebensrhythmus, sowohl beruflich als auch gesellschaftlich. Das Leben ist nicht an einen bestimmten Ort gebunden. Die Menschen leben und arbeiten in mobilen Kästen, welche sich von Ort zu Ort bewegen. Mehrere Geschichten beschreiben Gesellschaften ohne individuellen Besitz.
Dystopisches Szenario:
3. Überwachung: Die Arbeit wird von einer zentralen Behörde aus online zugewiesen. Die Arbeitnehmer sind durchgehend online, stehen unter Überwachung und sind auf digitale Unterstützung angewiesen. Sie reisen lediglich zu obligatorischen Arbeitstreffen, welche von der zentralen Behörde geplant werden.
Utopisches Szenario:
4. Emanzipation: Die Menschen wehren sich gegen ein Leben in Abhängigkeit von digitalen Werkzeugen und ziehen sich aus der Mainstream-Gesellschaft zurück. Sie leben in kleinen ländlichen Gemeinschaften und betreiben Handwerk und Landwirtschaft. Mobilität ist lokal - diese Menschen gehen zu Fuß oder benutzen ihre Fahrräder.
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Diese vier unterschiedlichen Szenarien lieferten dem Unternehmen Vorschläge, welche in den damals durchgeführten Strategiebildungsprozess einflossen (Wolf et al., 2022). Sie betrafen vor allem die Entwicklung von Angeboten, welche den weit in der Zukunft liegenden Wünschen der Verbrauchergruppen aus den unterschiedlichen Szenarien entsprachen.
Darüber hinaus ließen sich mehrere allgemeine Empfehlungen für den Sektor ableiten (Wolf et al., 2018): Erstens sollten sich Mobilitätsanbieter strategisch an Projekten oder Konsortien beteiligen, in denen mobile Lebens- und Arbeitsumgebungen entwickelt werden. Zweitens sollten Mobilitätsanbieter die Kundenbedürfnisse spezifischer einschätzen und folglich auf deren Bedürfnis nach Geschwindigkeit, Effizienz und Privatsphäre, Wohlbefinden und Kommunikation mit anderen während der Fahrt, eingehen. Drittens sollten die Mobilitätsanbieter versuchen, die Beweggründe verschiedener Kundengruppen zu verstehen, welche möglicherweise keine Mainstream-Bedürfnisse aufwiesen und diese bei der Entwicklung neuer Angebote ebenfalls berücksichtigen. Schließlich wird es zukünftig angesichts des allgemeinen Wunsches nach nahtloser Mobilität von A nach B in allen Szenarien einen Mobilitätsintegrator geben müssen. Dieser Integrator wird die Aufgabe haben, eine zentrale Anlaufstelle zwischen den verschiedenen Verkehrsdiensten (z.B. städtische Busunternehmen, regionale Eisenbahnunternehmen, internationale Fluggesellschaften) und ihren Kunden zu schaffen.
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● Miles, M.B., Huberman, A.M., & Saldana, J. (2014). Qualitative data analysis. A methods sourcebook (3rd ed.). Sage.
● Wolf, P., Klotz, U., & Baumann, S. (2018). What can we do for you? Far-future mobility-related customer needs. In 19th International CINet Conference: Continuous Innovation: Spinning Out and Spinning in (pp. 447-456).
● Wolf, P., Linden, E., Wittmer, A., & Klotz, U. (2022). Enhancing scenario originality: A conceptual framework for leveraging self-transcending knowledge in scenario development. Long Range Planning.
● Sparkes, A. C., & Smith, B. (2008). Narrative constructionist inquiry. Handbook of constructionist research, 1999, 295-314.
METHODS:
● Ciolfi, L., & Lockley, E. (2019). Exploring flash fiction for the collaborative interpretation of qualitative data. In Proceedings of 17th European Conference on Computer-Supported Cooperative Work. European Society for Socially Embedded Technologies (EUSSET).
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